Parata: ein Spiel zur Klimagerechtigkeit

Eine spielerische Initiative zur Klimagerechtigkeit

Dauer: 20-40 Minuten Gruppengröße: 12 oder mehr Teilnehmer*innen

Platzbedarf: Es wird empfohlen, das Spiel an einem Ort zu spielen, wo sich die Teilnehmer*innen in einer Reihe nebeneinander aufstellen können und Platz für mehrere Schritte nach vorne haben.

Bei Parata geht es um die Probleme, die der Klimawandel im täglichen Leben verursacht. Im Spiel können die Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene soziologische und sozio-ökonomische Schichten auf spielerische, unaufdringliche Art erkundet werden. In der Nachbesprechung am Ende des Spiels kann das Konzept der Klimagerechtigkeit einleuchtend erklärt werden.

Das Spiel spielt in einem kleinen Land, das sich Parata nennt. Parata ist ein frei erfundenes Land mit ertragreicher Landwirtschaft, das auch reich an Bodenschätzen ist.

  • Es werden mindestens 12 Teilnehmer*innen und eine leitende Person für die Ansagen im Spiel benötigt.
  • Zuerst wird der allgemeine Spielablauf erklärt. Dann wählt jede teilnehmende Person zufällig eine Rollenkarte aus. Die Rollenkarten enthalten Informationen über Menschen mit unterschiedlichem Einkommen, unterschiedlicher ethnischer Herkunft und unterschiedlichem Status. Es gibt insgesamt 13 verschiedene Rollenkarten. Bei mehr als 13 Teilnehmer*innen kannst du weitere Rollenkarten erstellen oder die bestehenden Karten kopieren (da die gleichen Rollen von verschiedenen Menschen verschieden interpretiert werden können).

 

Die Rollen sind:

 

  • Dir gehört ein Ölkonzern, den du von deiner Familie geerbt hast. Du bist reich, britischer Herkunft und du lebst in der Hauptstadt San-Parta.
  • Du arbeitest für eine Fast-Food-Kette in der Hauptstadt San-Parta. Du kannst dir die Mieten in der Stadt nicht leisten, deshalb pendelst du zur Arbeit. Du bist indigener Herkunft.
  • Du bist eine Bäuerin mit 3 Kindern. Du lebst in einem Fischerdorf in einer kleinen Hütte. Du hilfst beim Einholen der Netze und erhältst dafür den Mindestlohn.
  • Du bist mit zwei Kindern aus Haiti geflüchtet und lebst mit ihnen illegal in der Hauptstadt San-Parta. Du wohnst mit zehn anderen in einer kleinen Wohnung. Du hältst dich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
  • Du bist behindert und mittleren Alters und lebst in der Hauptstadt San-Parta, wo du ein bescheidenes Einkommen erhältst. Wegen deiner Behinderung reist du nicht viel, aber du verbringst gerne einige Abende mit deiner Familie im Theater. Deine Familie ist gemischter Abstammung (indigen, britisch, neu eingewandert).
  • Du bist ein 94-jähiger Geistlicher aus der Hauptstadt, der nun im Süden wohnt. Du erhältst eine kleine staatliche Rente. Deine Familie ist gemischter Abstammung (indigen, britisch, neu eingewandert).
  • Du bist ein reicher Engländer mit nur einem Kind, der Teersand ins Ausland exportiert. Du besitzt zwei Häuser in der Hauptstadt San-Parta sowie ein weiteres Ferienhaus in Europa.
  • Du bist eine 27-jährige Frau, die früher als Lehrerin in Haiti tätig war. Heute bist du arbeitslos und lebst in einem Flüchtlingslager in San-Parata. Deine Mutter war indigener Herkunft, wohingegen die Herkunft deines Vaters unbekannt ist.
  • Du bist eine alleinstehende Frau mit einem einzigen arbeitslosen Kind und lebst in der Hauptstadt. Du bist Teil einer ethnischen Minderheit und wirst regelmäßig diskriminiert. Du teilst dir mit zwei anderen Leuten eine Wohnung, damit du dir die Miete leisten kannst.
  • Du bist ein Mann der Mittelschicht mit 4 Kindern. Du lebst im Süden. Deine Abstammung ist ¼ indigen und ¾ von der ethnischen Mehrheit im Land.
  • Du bist eine alleinstehende muslimische Mutter mit zwei Kindern. Du arbeitest in einem Lebensmittelladen und verdienst gerade genug, um deine Familie zu ernähren. Du lebst mit ihnen in einer Mietwohnung am Rand eines Fischerdorfs.
  • Du bist eine indigene Person und lebst in einer traditionellen Hütte in Süd-Parata. Du ernährst dich von Gelegenheitsjobs.
  • Du bist ein Hollywood-Star, der Parata für Filmaufnahmen besuchte. Dann hast du beschlossen, dich hier niederzulassen. Du reist oft von einem Kontinent zum anderen. Du hast vier Häuser in verschiedenen Ländern.

 

 

Lies oder gib die Beschreibung von Parata an alle weiter:

Die Geschichte Paratas (historischer Hintergrund)

Parata ist ein kleines Land. Im 14. Jahrhundert gründeten indigene Menschen eine Hochkultur, die durch das reichhaltige Ackerland, die Fischerei und den Bergbau aufblühte. Als die Europäer jedoch Parata „entdeckten“, war es mit der Freiheit vorbei. Die Schätze wurden geplündert und Parata wurde zur britischen Kolonie.

Nachdem Indien seine Unabhängigkeit von Großbritannien erklärte, breitete sich der Anti-Imperialismus auch in Lateinamerika, Afrika und schließlich Parata aus. Parata erlangte seine Unabhängigkeit. Bis zum Ende des Kalten Krieges blieb die Beziehung zwischen Parata und dem Westen angespannt. Im Jahr 1992 wurden in Parata im Inneren des Festlandsockels Erdölvorkommen entdeckt und mit der Erdölförderung begonnen. Nach Ende des Kalten Krieges wechselte Parata rasch von einer geschlossenen Volkswirtschaft zur freien Marktwirtschaft. Im Jahr 2019 hielt es 12 % der verbleibenden Erdölreserven der Welt.

Regierungssubventionen an Ölkonzerne sorgten dafür, dass die fossile Brennstoffindustrie im Land immer einflussreicher wurde. Bohrungen nach reichhaltigen Erdölreserven an der südlichen Küste Paratas verursachten Umweltschäden in Süd-Parata. Die Menschen in den Fischerdörfern können ihre Fischressourcen nicht mehr erreichen. Somit wird die Lage in Süd-Parata immer prekärer. In der Hauptstadt San-Parta im Norden hingegen investieren Unternehmer*innen viel Geld in Infrastruktur und Stadterneuerungsprojekte. San-Parta ist das Paradebeispiel Paratas, das die „wirtschaftliche Entwicklung“ des Landes symbolisiert.

Parata ist hauptsächlich christlich, mit einer kleinen religiösen Minderheit. Die meisten Menschen sind zumindest teilweise indigener Herkunft, aber können ihre Abstammung nicht sehr weit zurückverfolgen. Eine kleine indigene Minderheit lebt immer noch auf traditionelle Art und Weise.

 

Die Teilnehmer*innen sollen über das Leben in ihrer Rolle nachdenken. Sie sollen anhand ihrer Rolle ihren täglichen Lebensablauf betrachten und sich in die Rolle und die Situation einfühlen. Da die Rollenkarte nicht alles erläutert, können sie den Rest ihrer Lebensgeschichte frei erfinden.
Gib den Teilnehmer*innen 3 Minuten für das Lesen der Karte und Nachdenken über die Rolle. Es ist hilfreich, wenn sich die Teilnehmer*innen tief in den Hintergrund ihrer Rolle einarbeiten.

  • Wie war deine Kindheit? Wie sah dein Haus aus? Welche Spiele hast du gespielt? Was haben deine Eltern gemacht?
  • Wie sieht jetzt dein tägliches Leben aus? Wie sieht dein Freundeskreis aus? Was machst du morgens, nachmittags und abends?
  • Wie sieht dein Leben aus? Wo wohnst du? Wie viel verdienst du im Monat? Was machst du in deiner Freizeit? Was machst du im Urlaub? (Hast du überhaupt Urlaub?) Worauf freust du dich? Wovor hast du Angst?
  • Würdest du lieber eine andere Person sein?
  • Was hältst du vom Umweltschutz?

 

Wichtiger Hinweis: Die Teilnehmer*innen dürfen ihre Rollen den anderen Teilnehmer*innen nicht mitteilen.

 

  • Die leitende Person liest eine Zeile vor und gibt den anderen Zeit zum Überlegen. Alle Teilnehmer*innen sollen dann anhand des Vorgelesenen entscheiden, ob sie einen Schritt nach vorne machen sollen oder nicht. Der Rest bleibt stehen.

 

 

  • Es ist ein ganz normaler Tag. Trete einen Schritt nach vorne, wenn die Erderwärmung und die Klimakrise dein tägliches Leben abgesehen von plötzlichen Unwettern nicht beeinflusst.
  • Alles ist ruhig in Parata. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du dich nicht um die Zukunft deiner Kinder sorgst, da du ihnen genügend kulturelle und wirtschaftliche Vorteile für die Zukunft bieten kannst.
  • Aufgrund von Budgetbeschränkungen kürzt die Regierung die Sozialleistungen. Trete einen Schritt nach vorne, wenn dich diese Kürzungen nicht betreffen.
  • Es gibt Gerüchte über einen Orkan, der angeblich in den kommenden Monaten Verwüstungen anrichten wird. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du heute genügend Lebensmittel für dich und deine Familie hast.
  • Der Sturm kommt näher. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du genügend Geld für bauliche Strukturen hast, die dich vor dem möglichen Sturm schützen können.
  • Die Medien berichten, dass der Sturm enorm riesig ist. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du es dir leisten kannst, temporär an einen sicheren Ort umzuziehen.
  • Es ist der Tag vor dem Orkan. Die Regierung gibt eine Evakuierungswarnung aus, aber hat keine Kapazitäten frei, um den Menschen bei der Evakuierung zu helfen. Es sind auch keine Rettungsorganisationen vor Ort. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du dich und deine Familie in Sicherheit bringen kannst.
  • Der Orkan tobt. Der Sturm ist enorm. Ihr alle kennt Menschen, die davon betroffen sind. Ihr alle tretet zwei Schritte zurück.
  • Nach den Verwüstungen durch den Sturm schießen die Wohnungspreise in die Höhe. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du es dir leisten kannst, ein Haus zu kaufen, das ca. 1 1/2-Mal so teuer ist wie vor dem Sturm.
  • Aufgrund der Überflutungen gibt es weniger sauberes Trinkwasser. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du genügend Geld hast, genug Trinkwasser für dich und deine Familie zu kaufen.
  • Durch den verstreuten Unrat breiten sich Krankheiten rasch aus. Das Gesundheitssystem ist überlastet, aber funktioniert noch. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten weiterhin Zugang zu Gesundheitsdiensten hast.
  • Monate später haben die steigenden Temperaturen die lokale Kiwi-Ernte in Parata zunichtegemacht. Trete einen Schritt nach vorne, wenn du dir jeden Donnerstag die importierten teuren Kiwis auf dem Markt leisten kannst.

 

Wichtiger Hinweis: Aufgrund der unterschiedlichen Rollen kann es Teilnehmer*innen geben, die jedes Mal einen Schritt machen, und andere, die sich gar nicht bewegen. Nachdem alle Situationen vorgelesen wurden und alle Teilnehmer*innen reagiert haben, steht jede Person an einer anderen Stelle auf dem Spielfeld.

  • Bitte die Teilnehmer*innen, ihre Rollen und ihre Gefühle während des Spiels (z. B. während bestimmter Schritte) zu beschreiben. Während der Diskussion können Verbindungen zu aktuellen Situationen aufgezeigt werden. (Gibt es z. B. Ähnlichkeiten zwischen der imaginären Situation und einer echten?)
    (Hinweis: Einige Teilnehmer*innen sind sich vielleicht nicht sicher, ob sie zur rechten Zeit „einen Schritt nach vorne gemacht haben oder nicht“. Da dies ein Rollenspiel ist, gibt es keine richtige oder falsche Wahl. Gemeinschaft, Mitgefühl und die Zusammenhänge mit der Klimagerechtigkeit in der realen Welt sind wesentlich.)
  • Zur Verallgemeinerung des Themas können die Teilnehmer*innen über umweltbedingte Ungerechtigkeiten in ihrer Gesellschaft befragt werden. Das öffnet die Möglichkeit zur Diskussion, wie verschiedene Geschlechtsidentitäten, Ethnizitäten und sozio-ökonomische Schichten unterschiedlich vom Klimawandel betroffen sind. Bestimmte Menschengruppen sind bereits von anderen Formen der Unterdrückung betroffen. Erstelle eine Liste mit Definitionen von klimabedingten Ungerechtigkeiten.
  • Teile die Teilnehmer*innen in Paare auf und bitte sie, diese Liste mit Klimaungerechtigkeiten zu besprechen. Die Teilnehmer*innen sollen eine der Antworten in der Liste auswählen und diesen bestimmten Punkt besprechen. Wie kann diese bestimmte Ungerechtigkeit verhindert werden? Was bedeutet Klimagerechtigkeit in diesem spezifischen Kontext?