Leserbriefe und Gastkommentare verfassen

Leserbriefe sind in der Regel kürzer (< 300 Wörter) als Gastkommentare (800–1200 Wörter). Zeitungsleser*innen können hier ihre Meinung äußern oder Themen diskutieren, die in den Nachrichten sonst nicht vorkommen. Leserbriefe und Gastkommentare beziehen klar Stellung und werden von der Zeitungsredaktion ausgewählt. Sie sind beliebt und eine der meistgelesenen Rubriken.

Bevor ihr zu schreiben beginnt

  • Achtet auf die formalen Bedingungen (Länge, Übermittlungsweg).
  • Lest andere Kommentare/Leserbriefe in dieser Zeitung, um ein Gefühl für die Auswahlkriterien zu bekommen.
  • Wenn ihr jemanden in der Redaktion kennt, ruft dort an und besprecht euren Kommentar, bevor ihr ihn einreicht (manchmal finden sie z. B., eine Story oder ein bestimmter Aspekt sei schon erschöpfend behandelt worden, und wollen daher mal etwas frischen Wind). (So baut ihr eine gute Beziehung zur Presse auf)

So schreibt ihr einen gelungenen Leserbrief/Gastkommentar

  • Bezieht euch auf etwas, worüber die Medien schon berichten. Verweist auf einen früheren Artikel der Zeitung oder auf eine Veranstaltung in eurer Gemeinde und verknüpft dies mit eurem eigentlichen Anliegen.
  • Setzt das Wichtige an den Anfang. Manchmal werden Artikel von der Redaktion gekürzt und das Ende entfällt.
  • Achtet darauf, keine inhaltsleeren Sätze zu schreiben.
  • Ihr müsst eure Botschaft kennen und wissen, was ihr sagen wollt. Bedient euch einer klaren, einfachen Sprache – mit kurzen Wörtern und Sätzen kommt ihr am weitesten!
  • Ihr habt eine starke persönliche Geschichte? Dann schreibt darüber (eine anrührende Story fesselt sowohl die Redaktion als auch die Leser*innen).
  • Lest euren Artikel Korrektur!

Beispiel für einen Leserbrief

Betreff „Ausblick: Temperaturen in Kopenhagen werden steigen” (Wochenrückblick, 6. Dezember):

Auch wenn bei der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen zahlreiche Gruppierungen vertreten waren, steht ein Teil der Gesellschaft vereint zusammen: junge Menschen. Wir, beide in den Zwanzigern, aus Indien und den USA, sind mit über 1000 anderen Jugendlichen aus mehr als 100 Ländern hier in Kopenhagen. Wir sind Teil einer wachsenden internationalen Klimaschutzbewegung der Jugend.

Im Oktober haben wir mehr als 5200 Veranstaltungen in über 180 Ländern mitorganisiert, um ein ehrgeiziges Klimaziel zu fordern und unser Überleben zu sichern: 350 ppm (parts per million), die sichere Obergrenze für den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre.

Wir fordern unsere Regierenden auf, die Meinungsverschiedenheiten, die wir als Jugendliche längst überwunden haben, beizulegen und hier in Kopenhagen einen gerechten, ehrgeizigen und rechtsverbindlichen Vertrag zu schließen. Wenn wir zusammenarbeiten können, dann können es auch unsere Eltern.

Roselin Dey und Jamie Henn (Kopenhagen, 6. Dezember 2009)

Beispiel für einen Kommentar

Die Macht der Menschen treibt die endgültige Abkehr von den fossilen Brennstoffen voran

Nie war der Zeitpunkt für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas besser als jetzt. Alles verbindet sich zu einer perfekten Welle: weltweite Rekordtemperaturen, Preisverfall bei den fossilen Brennstoffen, Rekordinvestitionen in erneuerbare Energien und eine wachsende globale Bewegung, die Druck macht, dass die Versprechen zum Klimaschutz eingehalten werden.

2016 wird das Jahr des Ausstiegs, denn die Macht des Volkes wächst und fossile Brennstoffe werden überflüssig. Eine Anfang des Monats veröffentlichte Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) macht deutlich, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen und das Wirtschaftswachstum inzwischen entkoppelt sind, denn der weltweite CO₂-Ausstoß ist nun schon das zweite Jahr in Folge konstant geblieben.[1] Das bedeutet, dass unsere Wirtschaft nicht mehr von fossilen Brennstoffen abhängt.

Im letztes Jahr in Paris beschlossenen UN-Klimaabkommen wird bekräftigt, dass die Obergrenze von 2 °C für die globale Erwärmung nicht überschritten werden darf. Außerdem wurde vereinbart, dass „Anstrengungen unternommen” werden, um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Dieses Ziel ist angesichts der kürzlich veröffentlichten Zahlen der NASA dringend geboten.

2015 war erwiesenermaßen das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und die Serie der globalen Temperaturrekorde hat sich auch im Januar und Februar fortgesetzt. Der NASA zufolge lagen die Februar-Temperaturen 1,35 °C über dem Durchschnitt (Referenzzeitraum 1951–1980).[2]

Die Ölpreise sind in 18 Monaten um zwei Drittel gefallen und werden Prognosen zufolge auch in den kommenden Monaten niedrig bleiben. Das bedeutet massive Umsatzeinbrüche für die großen Mineralöl- und Gaskonzerne wie Shell, BP und Statoil. Auch bei der Kohle sieht es nicht besser aus. Nach dem von China Ende letzten Jahres angekündigten Moratorium für neue Kohlekraftwerke gab nun Peabody Energy, der weltweit größte Kohlekonzern, eine Warnung heraus, dass das Unternehmen möglicherweise Gläubigerschutz beantragen muss, weil es – u. a. aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Kohle – seine Schulden nicht mehr bedienen kann. [3]

Gleichzeitig werden Rekordbeträge in erneuerbare Energien investiert, nach den Zahlen von Bloomberg New Energy Finance um die 329,3 Milliarden US-Dollar allein im letzten Jahr.[4] Es bleibt also die Frage: Warum halten so viele Regierungen noch immer an den volatilen fossilen Brennstoffen fest und riskieren damit größere wirtschaftliche Instabilität, wo doch eine saubere, gerechtere Zukunft mit 100 % erneuerbaren Energien eine echte, greifbare Alternative darstellt?

Wir müssen also dringend handeln, und zwar jetzt. Die Klimaschutzbewegung muss unbedingt an ihren Erfolg aus dem letzten Jahr anknüpfen und weiter Druck machen. Die Erderwärmung gefährdet uns alle, und es kommt uns allen zugute, wenn wir unsere Aktionen ausweiten. Der Umstieg von schmutziger Energie auf saubere und effiziente Energiesysteme geht immer stärker und schneller voran und Gemeinden wie Privatpersonen rund um den Globus werden weiterhin von den Regierungen und Konzernen fordern, sich an ihre Versprechen zu halten – und an das, was die Wissenschaft verlangt.

Break Free kämpft in dieser Bewegung an vorderster Front. Lokale ebenso wie internationale Organisationen mobilisieren wie nie zuvor auf sechs Kontinenten für den Stopp von Kohle-, Öl- und Gasprojekten und zeigen damit ihre Entschlossenheit, aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen und eine neue Wirtschaft aufzubauen. Wir wissen, dass dies möglich ist – mit einem gerechten Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien.

Anfang Mai dieses Jahres fanden mehrere Großdemonstrationen statt, doch Break Free baut nicht nur auf die Siege der Vergangenheit, sondern ist bereit, den Widerstand gegen neue und bestehende Kohle-, Öl- und Gasprojekte zu verstärken, um uns von der Macht und dem Dreck der Kohle-, Öl- und Gasindustrie zu befreien.

Mit friedlichen direkten Aktionen gegen Großprojekte – von den Kohlekraftwerken in der Türkei und auf den Philippinen über die Tagebaue in Deutschland und Australien bis hin zu den Fracking-Projekten in Brasilien und den Ölquellen in Nigeria – werden wir die Macht der Kohle-, Öl- und Gasindustrie brechen.

Mit Mut und Kraft werden die Menschen zeigen, dass es an der Zeit ist, die fossilen Brennstoffe im Boden zu lassen – für eine gesündere und gerechtere Welt. Wir stehen kurz vor einem historischen, weltweiten Wandel unserer Energiewirtschaft. Um dies zu erreichen, müssen wir mit unseren Aktionen gegen die Profiteure des Klimawandels vorgehen und dafür sorgen, dass die Macht den Menschen zurückgegeben wird.

Die weltweiten Mobilisierungen im Mai sind ein wichtiger Meilenstein für die Klimaschutzbewegung. Die Welt kann den gemeinsamen Kampf auf allen Kontinenten für den endgültigen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen nicht ignorieren.

 

Payal Parekh ist Programmdirektorin bei 350.org und leitet die internationale Kampagnen- und Mobilisierungsarbeit. Sie erwarb den Doktor (Ph.D.) der Ozeanografie am MIT und dem Woods Hole Oceanographic Institute. Payal Parekh hat außerdem an Klimaschutzkampagnen von International Rivers und Greenpeace International mitgearbeitet und über Klimaschutzpolitik für NGOs, Thinktanks und Regierungen des globalen Südens geforscht.

 

[1] Internationale Energieagentur (IEA): Decoupling of global emissions and economic growth confirmed [Weltweite Emissionen nicht mehr an Wirtschaftswachstum gekoppelt]

[2] The Guardian: February breaks global temperature records by ’shocking‘ amount [Februar bricht globale Temperaturrekorde mit „schockierendem” Abstand]

[3] New York Times: Peabody Energy Warns of Possible Bankruptcy Filing [Peabody Energy warnt vor möglichem Insolvenzantrag]

[4] Bloomberg: As Oil Crashed, Renewables Attract Record $329 Billion [Ölpreise stürzen ab, Rekord von 329 Mrd. US-Dollar für Erneuerbare]