Die Beteiligung von Freiwilligen erhöhen – Die Leiter des Engagements

Eine Bewegung aufzubauen bedeutet nicht nur, eine Aktion durchzuführen. Beim Aufbau von Bewegungen geht es um den Aufbau von Beziehungen und ein wachsendes Gefühl von Macht, das Menschen erleben. Um das zu erreichen, bieten wir Formen an, wie Menschen sich mehr und intensiver beteiligen können. Das Konzept der Leiter des Engagements stellt sicher, dass wir Menschen einladen, sich mehr zu engagieren.

Dauer: 20 Minuten Gruppengröße: 5-20 Leute

Die Geschichte von der südafrikanischen regionalen Teamleiterin von 350.org, Ferrial Adam, ist ein Beispiel. Sie war Mitglied einer Umweltgerechtigkeits­Organisation, die mit Menschen an der Basis arbeitete. Die Organisation wurde in erster Linie von Frauen geführt. Sie arbeiteten zu einer Regierungspolitik, die sich „Freie Grundversorgung mit Strom“ nannte. Diese Politik garantierte, dass die Regierung ärmeren Haushalten eine bestimmte Menge Strom bezahlen würde (gegenwärtig rund 50 KWh, ca. 5 % dessen, was ein durchschnittlicher Haushalt in den USA verbraucht). Dies ist ein wichtiges Thema, denn der fehlende Zugang zu Energie verurteilt oft ganze Distrikte zur Armut. Zum Beispiel nutzen jene, die keinen Stromanschluss haben, oft hoch CO2­haltiges Paraffin und Kerzen oder fällen Bäume, was einen ganzen Rattenschwanz an negativen Umwelt­ und Gesundheitsfolgen nach sich zieht (z.B. vergiften sich geschätzt 80.000 Kinder jedes Jahr, weil sie Paraffin getrunken haben).

Diese Politik wurde weithin als eine Politik sozialer Gerechtigkeit angesehen, und viele Aktivist*innen wollen den Anteil geförderten Stroms erhöhen mit dem Argument, dass er nicht ausreiche. Aber jene, die am meisten von dieser Politik betroffen waren, waren nicht Teil der Debatte. So bekam Ferrial den Auftrag, eine Studie durchzuführen, um mehr darüber zu erfahren, welche Wirkungen diese Politik auf die Haushalte hatte. Das bedeutete, in die armen Bezirke von Johannesburg zu gehen. So begann sie dort, wo die Menschen waren. Ihr erster Schritt war, eine Gruppe von Frauen zu finden, die interessiert und bereits beim Thema Energie engagiert waren. Es war wichtig, damit anzufangen, die Absicht und Notwendigkeit der Arbeit zu erklären. Sie fing an, Menschen dazu zu bewegen, ihren Elektrizitätsverbrauch zu überwachen. Sie verbrachte Zeit damit, Beziehungen zu (überwiegend) Frauen aufzubauen, die die Haushalte führten. Es brauchte viele Monate von wöchentlichen Workshops, um den Menschen beizubringen, wie man den Energieverbrauch verschiedener Haushaltsgeräte misst.
Ein paar Monate später, als sie ihren Bericht fertigstellte, bot sich eine Möglichkeit für einen nächsten Schritt. Die nationale Energiebehörde sprach davon, die Kosten für die Haushalte über Tarife anzuheben und veranstaltete öffentliche Anhörungen. Über die Organisation wurden die Frauen gefragt, ob sie bereit seien, über sich selbst zu sprechen. Dies war für sie ein natürlicher nächster Schritt und sie ergriffen die Chance. Ferrial schreibt: „Es war so erstaunlich und erhebend, Leute zu einer Anhörung gehen zu sehen, wo sie als Kollektiv darüber sprachen, warum die Regierung den Strompreis nicht anheben solle.“

Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Studie entwickelt werden kann, die Politik infrage stellt und die von der Basis getragen wird. Die Frauen wurden über Monate hinweg durch mehrere Schritte des Engagement unterstützt. Sie gewannen Expertise zu ihrem eigenen Verbrauch, lernten über die nationale Politik und über die Folgen des Klimawandels. Jeder Schritt ließ ihr Selbstvertrauen wachsen, nicht nur öffentlich auszusagen, sondern starke Aktivistinnen in ihrer Gemeinschaft zu werden.

 

Dieses Konzept wird manchmal die „Leiter des Engagements“ genannt. Manche Organisator*innen machen es sehr explizit: In ihrem Kopf geben sie Menschen eine Nummer aus einer Skala von 1 bis 5, die beschreibt, wie involviert oder einbezogen die Person in Bezug auf das Anliegen ist. Jemand, die*der eine „1“ ist, hat z.B. keine Verbindungen zu der Kampagne und zu dem, was passiert. Eine „5“ ist bereit, zu jeder Aktion zu kommen.

Eines muss dabei klar sein: Was man jemand bittet, zu tun, muss zu ihrer*seiner Ebene des Engagements passen.
Es ist nützlich, wenn sich jede Gruppe überlegt, welche Pfade sie geschaffen hat, um Menschen zu erlauben, verschiedene Grade des Engagement auszudrücken und wie sie die Leute ausmachen, die bereit sind, sich mehr zu beteiligen.
Manche Gruppen machen eine Liste, z.B.:

Hohes Engagement

Leiter des EngagementsBereit sein,
­ – persönliche Opfer zu bringen
­ – sich mit einer verbündeten Organisation zu treffen
­ – ein Treffen zu moderieren
­ – einen Telefonanruf zu machen
­ – an einer Demonstration teilzunehmen
­ – einen Brief zu schreiben
­ – ein Flugblatt zu lesen
­ – einen Button zu tragen
­ – eine Petition zu unterzeichnen

 

Niedriges Engagement

 

Das ist keine exakte Wissenschaft und jeder Mensch ist unterschiedlich. (Manche Menschen haben einen absoluten Horror davor, einen Telefonanruf zu machen, aber würden freudig zivilen Ungehorsam riskieren.)

Aber an unsere Aktivist*innen mit der Leiter des Engagements im Kopf zu denken hilft uns, an den nächsten Schritt für sie zu denken und, wie Ferrial es tat, Schritte anzubieten, wie sie ihr Maß an Engagement und Beteiligung erhöhen können. Das kultiviert die Beziehungen und hilft Menschen, die Leiter des Engagements zu erklimmen. So werdet auch ihr die Beteiligung an eurer Gruppe steigern können.

(How to get others involved)